Als stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen und engagierte Klima- und Umweltschützerin bringt Mona Neubaur ihre Leidenschaft für den Wandel zur Nachhaltigkeit und den Ausbau erneuerbarer Energien zum Ausdruck. Im Fokus steht dabei insbesondere der Strukturwandel im Rheinischen Revier. Mona Neubaur betont die Chancen, die in diesem Wandel liegen, und erläutert ihre Vorstellungen für die weitere Entwicklung des Brainergy Parks Jülich.

Was verbinden Sie mit dem Brainergy Park Jülich und was wünschen Sie ihm für seine Zukunft?

Im Brainergy Park wird interkommunale Zusammenarbeit gelebt. Die Kommunen Jülich, Titz und Niederzier haben gemeinsam ein bedeutendes Projekt ins Leben gerufen. Hier wird Zukunft gestaltet. Der Brainergy Park zeigt in nachahmungswürdiger Weise, dass Flächenentwicklung für gewerbliche Nutzungen, Nachhaltigkeit und der Weg zur Klimaneutralität miteinander vereinbar sind. Für die Zukunft wünsche ich dem Brainergy Park, dass dieser ein auf allen Ebenen erfolgreiches Projekt bleibt, das als Modellprojekt über die Region hinausstrahlt.

Sie haben den Brainergy Park Jülich bereits einmal besucht. Welche Eindrücke sind bei Ihnen besonders hängengeblieben?

Ich erinnere mich an die Motivation, das Engagement und die Begeisterung der Menschen, die seit Jahren mit viel Energie an der Umsetzung dieses Projektes arbeiten. Wenn man vor Ort ist, merkt man, dass hier etwas Zukunftsweisendes entsteht.

Wie würden Sie die Menschen im Rheinischen Revier beschreiben – was macht die Menschen aus, die im Gebiet zwischen Mönchengladbach, Köln und Aachen wohnen?

Der Braunkohleabbau hat den Menschen viel abverlangt. Viele haben ihre Heimat verloren, weil ihre Dörfer abgebaggert wurden. Andere haben jahrzehntelang in Ungewissheit gelebt. Gleichzeitig sicherte der Braunkohleabbau auch Arbeitsplätze und hatte etwas Identitätsstiftendes. Das darf man auch nicht verkennen. Die Menschen, die ihre Heimat im Rheinischen Revier haben, sind vielfältig, aber sie alle sind von den Veränderungen geprägt. Umso mehr verdient der Optimismus und die Bereitschaft, den Wandel aktiv zu gestalten, vollen Respekt und jede Anstrengung, die Neugestaltung des Rheinischen Reviers tatsächlich zu einer großen Chance zu machen.

Muss die Umsetzung des Strukturwandels im Rheinischen Revier angesichts des auf 2030 vorgezogenen Endes beim Braunkohleabbau im Rheinischen Reviers nicht deutlich beschleunigt werden? Wenn ja, was kann das NRW-Wirtschaftsministerium dazu beitragen?

Mein Haus hat Ende 2022 einen Prozess gestartet, in dem wir die Strukturen und Maßnahmen zur Gestaltung des Strukturwandels kritisch hinterfragen. So fragen wir uns, ob die richtigen thematischen Schwerpunkte gesetzt wurden. Wir fragen uns auch, wie wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen können. Antworten hierauf erarbeiten wir aktuell in Zusammenarbeit mit unseren Partnerinnen und Partnern in der Region. Fest steht: Mit dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bis 2030 sind die Herausforderungen für einen gelingenden Strukturwandel deutlich gestiegen. Das ist uns bewusst, und das muss sich in den Anstrengungen, die wir alle gemeinsam unternehmen, widerspiegeln.

Wasserstoff, Windkraft oder Solarenergie: Bei welcher post-fossilen Energiequelle sehen Sie kurz- und mittelfristig das größte Potenzial für NRW?

Wir brauchen alle Energieträger, die zum Energiesystem der Zukunft beitragen. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien treiben wir jetzt massiv voran. Neben der Windenergie und der Photovoltaik muss auch das Potenzial der Geothermie, von Bioenergie und Wasserkraft stärker genutzt werden. Und Wasserstoff wird für die Transformation der Industrie eine wichtige Rolle spielen. Als Landesregierung unterstützen wir den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft mit einer Vielzahl an Projekten. Zentral sind dabei unter anderem die Important Projects of Common European Interest (IPCEI) mit den sieben ausgewählten Leuchtturmvorhaben für Nordrhein-Westfalen.

Was wünschen Sie den Brainergy Park Jülich für seine weitere Entwicklung – was braucht er noch, um zu einem echten Leuchtturm-Projekt im Rheinischen Revier zu werden?

Der Brainergy Park Jülich ist zwischen dem Forschungszentrum Jülich, der RWTH Aachen und den Fachhochschulen im Rheinischen Revier beheimatet. In dieser Umgebung soll der Brainergy Park die wissenschaftliche Exzellenz des Rheinischen Reviers flankieren und gemeinsam mit den Wissenschaftsakteurinnen und -akteuren Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung in die Anwendung bringen. Ziel muss es sein, zukunftsfähige Themen anwendungsorientiert mit den Grundsätzen von Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu vereinen. Wenn das gelingt, ist der Brainergy Park Jülich ein zentraler Akteur in der regionalen Entwicklung und Leuchtturm für den Erfolg des Strukturwandels im Rheinischen Revier.

Bitte vervollständigen Sie die drei Sätze:

Für das Rheinische Revier wünsche ich mir, …

… dass die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen und die Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung in der Region den Wandel aktiv mitgestalten und wir gemeinsam die Vision der Zukunftsregion umsetzen können.

Der wichtigste Faktor, um den Strukturwandel erfolgreich zu bewältigen, ist …

… die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure – die einer gemeinsamen Vision folgende Kooperation von den in der Region lebenden Menschen, den Unternehmen, den Kommunen und dem Land.

Das möchte ich den Menschen im Rheinischen Revier sagen: …

Mir ist bewusst, dass der Braunkohleabbau Ihnen allen viel abverlangt hat. Nun das Rheinische Revier zu einer echten Zukunftsregion zu machen, ist daher eine besondere Verantwortung, die wir annehmen und die wir mit Ihnen gemeinsam umsetzen wollen.

Kurze Fragen, kurze Antworten:

Meine Lieblingsorte im Rheinischen Revier sind …

… der Eggerather Hof und die anderen Feldhöfe. Hier können die Menschen nun sicher sein, dass sie dort leben bleiben können. Das Wohl der Menschen im Rheinischen Revier stand im Mittelpunkt unserer Entscheidung für den vorgezogenen Kohleausstieg. Und nun dafür zu arbeiten, dass die Zukunft für sie im Rheinischen Revier auch lebenswert ist, treibt uns an.

Mein liebstes Hobby ist …

… mit Freunden bei einem schönen Essen oder im Stadium bei Fortuna das Leben genießen.

Aktuell lese ich das Buch …

„Becoming: Meine Geschichte“ von Michelle Obama.

Das mache ich morgens als erstes: …

Kaffee trinken.

Das mache ich abends als letztes: …

Musik hören.

Das Highlight meines Tages ist …

… jeden Tag ein anderes – das ist ja das Schöne an dieser Aufgabe.

Als stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen macht machen mir besonders Spaß: …

… die vielen Besuche vor Ort, wo ich großartige Menschen und spannende Projekte kennenlernen darf.

Als stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen macht mir nicht so viel Spaß: …

Der Tag bräuchte mehr als 24 Stunden.

Hendrik Wüst ist …

… ein Teamplayer, mit dem ich gerne zusammenarbeite.

Als Kind wollte ich werden …

… wie Ronja Räubertochter.

Foto: ©Land NRW/R. Sondermann